W: Aus David Foster Wallace‘ Essay ‘Das hier ist Wasser’ könnten wir übertragen, dass die Geschichten, die wir erzählen wollen, das Wasser sind, in dem wir schwimmen. „Der alte Fisch fragt zwei junge Fische: »Morgen, Jungs. Wie ist das Wasser?« Die zwei jungen Fische schwimmen eine Weile weiter, und schließlich wirft der eine dem anderen einen Blick zu und sagt: »Was zum Teufel ist Wasser?«“
Was ich meine, ist, wir müssen uns das Wasser bewusst machen, in dem wir schwimmen. Was für eine Rolle spielt dabei Recherche?

RECHERCHE

L: Recherche ist für mich eine sehr wichtige Inspirationsquelle. Dabei gehe ich aber total eklektizistisch vor. Ich ackere mich nicht durch Fachbücher, sondern springe hin und her zwischen Artikeln, Sachbüchern, Nachrichten, Reportagen, Romanen, Protokollen etc..

W: Bei der Recherche gehen wir in unbekanntes Gebiet. Ist das ein Ozean, ich sag mal, mit riesiger Ausdehnung in die Zeitgeschichte hinein? Oder ist das eher ein flaches, lokales Gewässer, das aber sehr trüb ist, und wo es viel Anstrengung braucht, hindurchzusehen? Und viele verirren sich darin. Oder fühlen sich so wohl, dass sie diesen Zustand nicht verlassen wollen. Es gibt doch diese Kolumne im ZDF Magazin Royale: “Im Internet falsch abgebogen.” Wir biegen falsch ab und kommen nie zurück zum Schreiben.

L: Wir brauchen ein Licht im trüben Gewässer. Wie dieser Tiefseefisch, der seine eigene Laterne über seinem Kopf hängen hat. Die Laterne ist meine mehr oder weniger klare Kenntnis meines Themas, meiner wichtigsten Motive, der Grundidee. Nur, weil sie da ist, fällt mein Blick auf bestimmte Fakten in den Büchern oder Dokumenten, die ich zur Recherche lese. Ich leuchte ja auch immer nur kleine Flecken aus. Aber die Dinge, die dann in diesem Licht auftauchen, haben immer eine Verbindung zum Stoff. Ein assoziativer Prozess.

Drei Ressourcen des Schreibens

W: Es gibt ja die drei Ressourcen des Schreibens. Was wir wissen, was wir nicht wissen und was wir erinnern. Wir recherchieren, um in Erfahrung zu bringen, was wir noch nicht wissen.

L: Man hört es so viel, bekommt es überall gesagt: Schreibe nur über das, was du kennst. Write what you know. Mich bringt dieser Satz immer in Rage. Es ist die reine Angst, die daraus spricht. Highsmith, wie jeder andere Krimiautor, säße im Gefängnis, wenn wir solche Sätze ernst nehmen würden. Wir erfinden. Wir recherchieren. Lassen uns inspirieren und können weit über unsere eigene Lebenserfahrung hinaus gehen im Geschichtenerzählen. Unsere Phantasie ist unendlich. Mich ängstlich gleich zu Beginn beschränken zu lassen, finde ich kontraproduktiv.

Das erwähnte Buch von David Foster Wallace

auf lovelybooks: Das ist Wasser
auf Goodreads: This is water

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